Im Interview: Migre Le Tigre

Migre Le Tigre, der mit Spitznamen Rüfi heißt, ist einer der herausragendsten Singer/Songwriter der mir in letzter Zeit so unterkommen ist. Das erste Mal in Österreich auffällig wurde er als neuer Gitarrist der Wiener Politpunk-Band Rentokill, die sich mittlerweile jedoch aufgelöst hat, was für den in der Schweiz ansässigen Rüfi kein Grund zu verzagen war. Er machte einfach alleine weiter, bewaffnete sich mit seiner Akustikklampfe und hinterließ daraufhin mit seiner Debüt-CD „Dancing through the Flames“ eine Menge staunende Gesichter. Grund genug für mich, ihn auf einen kurzen Emailaustausch einzuladen.

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Migre Le Tigre bei Soundcould

Rüfi, du warst vor Kurzem das erste Mal als One-Man-Band auf Tour – und zwar mit den wunderbaren Astpai. Danach hast du noch ein paar Shows in Österreich gespielt. Wie war’s?
Rüfi: Die Astpai/Brackets Closed-Tour war für mich ein einziger Segen.
Dies war mein erster Ausflug mit neuer Musik im Gepäck und ich war sehr gespannt was da wohl passiert, wenn man an Punkshows einfach ein Akustikkonzert spielt. Das hat erstaunlich gut geklappt, soweit ich weiß ist mir (fast) niemand davongelaufen! Zudem, wie du schon selbst erwähnt hast, ist jeden Abend Astpai schauen halt sehr euphorisierend, das führt dann immer zu guter Laune. Auch Brackets Closed wussten stets zu überzeugen!. Das Reisen war sehr angenehm und es herrschte die ganze Zeit über eine fröhlich und heitere Stimmung im Bus. Würd‘ ich sofort wieder mitfahren, danke Manfredo!
Vor ein paar Tagen bin ich von einer 15 tägigen Tour mit Greg Rekus heimgekehrt. Wir spielten in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Tschechien, Ukraine(!!!) und Ungarn.
Die Ukraine war unglaublich. Wir wurden zwei mal an der Grenze abgelehnt, wegen fehlerhaften Fahrzeugausweisen unseres Mitewagens. An diesem Tag sind wir 22 Stunden gefahren… oager Scheiss! Heilfroh waren wir als wir es mit einem neugemieteten Wagen aus Budapest dann doch noch in die Ukraine geschafft haben, diese Shows waren unglaublich cool.
Die Österreich Shows sind für mich immer etwas Spezielles. Insbesondere Wr. Neustadt verbinde ich mit zu Hause und leiwand und Party. Ich war ja ziemlich lange beim Bertl „stationiert“, daher freue ich mich immer sehr auf all die bekannten Gesichter. Näischtodt, oida.

Wann hast du dich eigentlich dafür entschieden ohne Band, also alleine nur mit Akustikgitarre, Musik zu machen? Und warum?
Rüfi: Seit ich 16 bin habe ich immer in Bands gespielt. Mit Rentokill hatte ich eine sehr intensive Zeit erlebt die keinen Raum ließ um etwas anderes nebenbei zu machen.
Als ich danach in die Schweiz zurückkehrte gründeten mein Kumpel Pascal und ich Tojinbo, kurz danach Bot sich die Gelegenheit ein paar Akustiksongs aufzunehmen.
Da Tojinbo nicht viel Zeit beansprucht habe ich begonnen Akustik-Shows zu spielen. Das war Juni letzten Jahres. Ich glaubs das war weniger eine bewusste Entscheidung, eher ein „ich will einfach irgendwie Musik machen.“
Ich habe aber sehr viel Spaß dabei, ich habe sowas vorher nie gemacht. Man ist auch einfacher unterzubringen als eine fünfköpfige, laute Band… Bisher war’s sehr spannend!

Deine Musik scheint bei den Leuten sehr gut anzukommen. Zumindest ist das mein Eindruck. Ich habe zum Beispiel Freunde die voll auf deine aktuelle CD abfahren. Woran liegt das? Hast du ein Geheimrezept, oder liegt das einfach nur an deinem natürlichen, überschäumendem Charme? :)
Rüfi: Jetzt zu behaupten, dass mich die Reaktion der Leute nicht interessieren würde wäre gelogen, in erster Linie mache ich das aber für mich. Das heißt ich will was machen, das ich schön finde oder es zumindest versuchen. Aber es ist natürlich unpackbar toll, wenn das anderen Leuten auch gefällt. Ganz am Anfang ist z.B was lustiges passiert: Ich hatte „Dancing through the flames“ grad frisch fertig und habe eine Show in Zwiesel, Bayern gespielt. War alles super cool.

Ein paar Tage später schrieben mir aufsmal diverse Leute aus Neustadt und Wien und erkundigten sich nach meiner CD… was eher verwirrend war. Offenbar waren Astpai und Soey ebenfalls in Zwiesel und das Jugendcafe spielte mein Album auf und ab. Als ich dann einen Monat später drei Österreich-Shows gespielt habe hab ichs gar nicht gepackt. Da standen aufsmal ganz viele Leute die meine Songs mitgesungen haben, sogar die Schweizer-Deutschen die sie doch gar nicht verstehen :)
Da wird einem dann schon sehr warm ums Herz. Da gibt’s auch kein Rezept dafür.
Außer „sich nicht anscheissen!“…

Apropos verstehen: Du bist/warst ja Gitarrist bei Rentokill. Als du für die Band hierher gekommen bist, war das dein erster Kontakt mit dem Ö-Dialekt? Verstehst du ihn mittlerweile? Und andersrum: Wie oft musstest du im Ausland schon das Lied „Lüt“ (Lüt=Menschen, Leute auf Schweizer-Deutsch, Anm.) erklären?
Rüfi: Haha ;). Mag mich noch sehr gut an die ersten Besuche und Proben erinnern. Wenn etwas grad „leiwand“ war, war ich nicht sicher ob das gut oder schlecht oder wasauchimmer heißt. Den Unterschied vom „Kiwara“ zum „Hawara“ musste ich mir ebenfalls erklären lassen, und „a Gfrastsackrl“ fand ich zum schießen! Ich finde das jeweils sehr interessant, da wir doch eigentlich alle Deutsch sprechen. Es gibt so unpackbar viele Dialekte im deutschen Sprachraum. Auch in der Schweiz gibt es enorme Unterschiede, so richtig „urchiges“ Walliserdeutsch z.B. ist echt fast nicht zu verstehen! Ich spreche in Österreich meistens so ein Zwischending aus Hochdeutsch und Dialekt, damit die Leute wenigstens den Hauch einer Chance haben irgendwas zu verstehen. Oft wurde ich schon auf meinen Dialekt angesprochen und die meisten gingen davon aus, dass diese Sprache die ich in AT spreche mein Dialekt ist. Das führt dann meistens zu Sprachdemonstrationen und die wiederum zu großen Augen und ungläubigem Kopfschütteln :). Aber die Vorarlberger verstehen das sehr gut!
Die Frage nach Lüt tauchte wirklich des öfteren auf, die Grazer z.B. haben mir mal erklärt wie sie den Text interpretieren und ich hab mich nur schlappgelacht! Nach Erklärungsversuchen meinerseits meinte die bierselige Runde nur: „Aaah, ja, so macht’s irgendwie mehr Sinn“. Auch in Ungarn Rumänien, Moldawien und der Ukraine bin ich darauf angesprochen worden, was das für eine Sprache sei, das sei ja wahrscheinlich kein Deutsch… Auch dort haben einige einfach mitgesungen, Berndeutschlektion 1.0!!!

Fremde Dialekte zu erforschen ist tatsächlich eine lustige Sache. Ich bin teilweise recht fasziniert davon, was zum Beispiel Wienerisch für eine eigene Sprache sein kann. Doch selbst nach 10 Jahren in Ost-Österreich verstehe ich noch nicht alles. Aber lassen wir das…
In „Lüt“ geht es ums Fleischessen. Hat sich (in der Schweiz) schonmal jemand darüber aufgeregt, dass du über das Essen von Menschen singst?
Rüfi: Meistens schauen sich die Leute fragend an und beginnen zu grinsen. Sehr viele Gespräche sind dadurch entstanden. Wirklich angepisst war bisher aber keiner, diejenigen dies stört lassen mich aber meistens bis auf ein Kopfschütteln in Ruhe. In Bremgarten gibt es das Kuzeb, welches immer grandiose Shows und diverses veranstaltet, dies mittlerweile seit 20 Jahren. Das Kuzeb ist wichtig für den Song: Ein vier Jahre altes Tag auf dem Klo hat es tatsächlich in das „20 Jahre Kuzeb“-Buch geschafft. In betrunkenen Buchstaben steht auf dem Bild, „Dummi Lüt söttsch dörfe ässe“ (=dumme Leute sollte man essen dürfen, Anm.). Ich hatte unter dem Namen McNRK eine Urversion davon auf dem Vorplatz gespielt und da ist offenbar was hängen geblieben. Mehrheitlich positive Reaktionen würd ich sagen!

Was ist mit deinem kuriosen Namen Migre Le Tigre? Gibt es da auch eine Geschichte dazu?
Rüfi: Mein Name ist Michael, irgendwann hat jemand angefangen mich Migger zu nennen, dies wurde dann zu Migre… Ich wollte keinen „bösen, politischen“ Namen für das Projekt, und das ist das einzige dass mir eingefallen ist, neben Firemeister! Wär vielleicht auch ganz cool gewesen!


Wie sehen nach der Tour und dem Release deiner ersten CD, deine Pläne für die Zukunft aus? Kann man bald mit neuen Veröffentlichungen rechnen?

Rüfi: Mein Lieblingssoundmensch hat sich schon dafür bereit erklärt sich ein zweites Mal mit mir einzuschließen und noch Mal was aufzunehmen! Wird aber noch einige Zeit dauern, vielleicht wird’s dann erst nächstes Jahr fertig. Kann da echt noch nix genaues sagen.
Zurzeit stehen ein paar Shows in der Schweiz an. So wies ausschaut bucht mir No Reason Rec. aus Italien ein Paar Shows Anfangs Sommer. Dazu kommt, dass das Album Ende April auf Ashes Records in England rauskommt, da hoffe ich dann bald dort eine kleine Tour zustande zu kriegen.
Ich habe auch vor neben meiner Band Tojinbo noch in einer anderen Punkband zu spielen. Das ist aber erst sehr inoffiziell, man sei gespannt… Auf jeden Fall habe ich immer noch sehr viel Spaß an MLT und möchte, dass das möglichst lange so bleibt.

Alles klar Rüfi. Ich danke dir, dass du dir etwas Zeit für dieses nette Kurzinterview genommen hast. Hast du noch eine Botschaft an deine Freunde und Fans?
Rüfi: Danke dir fürs Interesse!
Ich möchte mich bei allen Leuten bedanken die mich und mein neues Projekt in den letzten acht Monaten unterstützt haben. Derart positive Resonanz hätte ich mir nicht zu erträumen gewagt, danke. Ich freue mich auf viele Shows, leiwandige Feste und lachende Gesichter. Ich hoffe bald keine Fans mehr zu haben, sondern nur noch Freunde. So wies ausschaut bin ich dafür auf dem rechten Weg.
Ich wünsch euch was!

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Going on…
Liebe Grüße und bis boid  :)
Le Migre

von Alex Durante

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